Vitamin C (L-Ascorbinsäure)
Sowohl der Mensch als auch einige Säugetierarten wie z.B. Primaten und Meerschweinchen können Vitamin C (Ascorbinsäure) nicht synthetisieren. Man nimmt an, dass vor 60 Millionen Jahren ein »Vorgänger der Primaten« durch Genmutation die Fähigkeit verloren hat, das Enzym Gulonolacton-Oxydase herzustellen, welches in der Leber zur Produktion von Vitamin C benötigt wird. Der angeborene Vitamin-C-Mangel des Menschen ist also ursprünglich kein Ernährungsmangel, sondern eine Enzymmangelkrankheit, die nicht allein durch das in der Nahrung vorhandene Vitamin C ausgeglichen werden kann. Ohne diesen Erbschaden könnte der Mensch vermutlich täglich selbst etwa 2,5-3,5 g Vitamin C in seinem Körper bilden. Ohne zusätzliche Vitamin-C-Einnahme entsteht ein Zustand, der auch subklinischer Skorbut genannt wird. Eine langfristig ausreichende Vitamin C-Versorgung wirkt lebensverlängernd bzw. reduziert die Mortalität.
Funktionen des Vitamin C
Antioxidans:
Vitamin C ist ein wichtiges wasserlösliches Antioxidans. Es kommt im Blut, in Körperflüssigkeiten und in allen Zellen vor, wo es selbst leicht oxidiert, um die Zellen und zahlreiche körpereigene Substanzen (z.B. Vitamin E, Folsäure) vor der Oxidation mit freien Radikalen zu schützen. Es ist auch wichtig für die Umwandlung von Kupfer in eine Form, in der es als Bestandteil von vielen Enzymsystemen gebraucht wird, wie z. B. bei der Super-oxiddismutase (ein anderes Antioxidans).
Carnitinsynthese:
Ascorbinsäure ist zusammen mit Niacin und Vitamin B6 notwendig zur Produktion von L-Carnitin. Ein Mangel an Ascorbinsäure senkt den Carnitinspiegel, was zu Müdigkeit und Muskelschwäche führen kann.
Cholesterinabbau:
Der erste große Schritt für den Abbau von Cholesterin zu Gallensäuren hängt von Vitamin C ab. Daher erhöht sich der Cholesterinspiegel in Leber und Blut, wenn der Vitamin-C-Status gestört ist.
Endothelschutz:
Vitamin C senkt das sogenannte T-PA-Antigen (Marker der Dysfunktion des Endothels = Gefäßinnenwand) sowie das C-reaktive Protein (= klassischer Entzündungsmarker; CRP). Vitamin C hat im Hinblick auf arteriosklerotische Veränderungen eine wichtige Bedeutung.
Entgiftung der Leber und Ausscheidung von Medikamenten und Chemikalien:
Ascorbinsäure stimuliert das Enzymsystem der Leber, welches das Blut entgiftet und Medikamente und toxische Umweltchemikalien wie z.B. Pestizide, Lebensmittelzusätze und Schwermetalle zur Ausscheidung bringt.
Förderung der Eisenresorption:
Vitamin C begünstigt die Resorption von Eisen aus der Nahrung und aus Supplementen erheblich.
Hormonproduktion:
Die Produktion der Schilddrüsenhormone hängt von einem angemessenen Vitamin-C-Status ab.
Kollagenproduktion:
Vitamin C ist ein unersetzbarer Cofaktor für die Synthese von Kollagen, wobei es mit Eisen zusammenarbeitet. Vitamin C bereitet zwei Aminosäuren, Lysin und Prolin, für die Einlagerung in kollagenen Fasern vor und bindet einzelne Fasern zu Bindegewebe. Wenn es an Ascorbinsäure mangelt, entsteht ein schwaches Bindegewebe und es fehlt die Elastizität in Haut, Gelenken, Muskeln, Knochen und Gefäßen.
Kontrolle des Histaminspiegels:
Vitamin C spielt eine Rolle bei der Kontrolle des Histaminspiegels im Blut und im Körper; ein unzureichender Vitamin-C-Status erhöht den Histaminspiegel im Blut. Ein hoher Histaminspiegel wiederum kann Allergien, Asthma, Magengeschwüre und bestimmte psychische Erkrankungen negativ beeinflussen.
Synthese von Neurotransmittern:
Ascorbinsäure ist notwendig für die Produktion von wichtigen Neurotransmittern (Überträgersubstanzen von Nervenimpulsen) im Gehirn, Adrenalin, Noradrenalin und Serotonin.
Alter:
Ältere Menschen zeigen nicht selten einen Vitamin-C-Mangel, besonders bei chronischen Erkrankungen. Der Alterungsprozess wird oft mit einer Abnahme des Ascorbin-säurespiegels im Blutplasma und den weißen Blutkörperchen (Leukozyten) in Zusammenhang gebracht.
Chronische Erkrankungen, Stress:
Erhöhter physischer Stress, der verschiedenste Ursachen haben kann, führt zu Mangelzuständen. Besonders negativ sind Stress durch Infektion, Fieber, Verbrennungen, Muskel- und Knochentrauma, Operationen, rheumatische Arthritis, Diabetes, chronisches Nierenversagen oder hohen Alkoholkonsum. Erhöhter Stress durch Oxidation von Chemikalien, Strahlungen und Schwermetallen in der Umwelt (Luft, Wasser, Nahrungsmittel) baut die Vitamin-C-Speicher des Körpers ab und erhöht damit die Gefahr eines Mangels.
Wachstum:
Im Wachstum sowie während Schwangerschaft und Stillzeit erhöht sich der Vitamin-C-Bedarf; Mängel können rasch auftreten, wenn die Zufuhr über die Nahrung unzureichend ist.
Medikamente:
Die regelmäßige Einnahme von Medikamenten wie Aspirin, östrogen-haltige Präparate (Verhütung, Wechseljahre), Cortisonpräparate, Protonenpumpen-Hemmer usw. (siehe S. 618 ff.) verschlechtern den Vitamin-C-Status.
Rauchen:
Rauchen bewirkt einen deutlichen Anstieg im Abbau und bei der Ausscheidung von Vitamin C, wodurch der Vitamin-C-Bedarf des Körpers mehr als verdoppelt wird.
Zufuhrmangel:
Bei Menschen mit geringem Vitamin-C-Speicher führt eine Vitamin-C-arme Ernährung in nur 1-2 Wochen zu einem Mangelzustand.
Ansammlung von Keratin in Haarfollikeln (Haarwurzel), was raue Haut verursacht
Anzeichen von unzureichender Synthese des Bindegewebes: entzündetes und blutendes Zahnfleisch; verminderte Wundheilung, Kapillarbrüchigkeit
Depression; Veränderungen der Persönlichkeit (auf unzureichende Synthese von Neurotransmittern zurückzuführen)
Herabgesetzte Immunität mit erhöhter Gefahr von Infektionen
Schwäche, Abgespanntheit, Müdigkeit (auf unzureichende Carnitinsynthese zurückzuführen)
verminderter Schutz gegen Oxidation; kann das Risiko von Krebs, Herzerkrankungen, Schlaganfall, Arthritis und Katarakt erhöhen
Der Körper absorbiert über 90% von einer Dosis Vitamin C bis zu 300 mg. Bei höheren Dosen fällt die Resorptionsquote: Bei einer oral eingenommenen Dosis von 1500 mg beträgt die Resorption weniger als 30%. Daher wird eine maximale Aufnahme eher durch die Verteilung von mehreren Dosen über den Tag erreicht als durch eine einzige Dosis. Der Körper kann aber bei höherer Zufuhr die Speicherkapazität erheblich steigern; z. B. erhöht die tägliche Zufuhrmenge von 200 mg Vitamin C die gespeicherte Menge auf 5 000 mg.
Der Bedarf an Vitamin C ist nach der biochemischen Individualität von Mensch zu Mensch sehr verschieden und kann in Stress-Situationen stark erhöht sein. Vitamin C kann als kristallines Pulver »Ascorbinsäure«, als säuregepuffertes Pulver (Natriumascorbat oder Kalziumascorbat) oder in sogenannten Retardkapseln eingenommen werden, die das Vitamin C verzögert abgeben. Mittels Retardpräparaten kann das Vitamin C um den Faktor 2 besser aufgenommen werden.
PRAXIS-Tipp
Täglich frisches Obst essen
Früchte und Gemüse enthalten große Mengen an Vitamin C; bei täglichem Verzehr von Obst wird der normale (nicht der therapeutische) Bedarf also mühelos gedeckt. Beim Kochen wird der Gehalt stark verringert, da Vitamin C wasserlöslich ist und leicht oxidiert. Getreide, Fleisch und Milchprodukte
enthalten nur wenig Vitamin C.
Allergien:
Dank seiner Antihistaminwirkung kann Vitamin C bei Asthma, Lebensmittelallergien, Heuschnupfen (allergische Rhinitis) und anderen Allergien eingesetzt werden. Dosierungen im Bereich von 2-3 g Vitamin C vermögen den Histaminblutspiegel innert weniger Tage deutlich zu reduzieren.
Arteriosklerose:
Vitamin C erhöht den Abbau und die Ausscheidung von Cholesterin und schützt Cholesterin im Körper vor Oxidation. Es kann Blutcholesterin und den Gehalt an Fettsäuren (Triglyceride) senken und gleichzeitig das HDL-Cholesterin (das schützende Cholesterin) erhöhen. Hohe Dosen von Vitamin C können das Verklumpen von Blutplättchen vermindern und so die Gefahr von Blutgerinnseln in Beinen und Lunge nach einer Operation reduzieren. Außerdem hilft es, (via Kollagensynthese, Reduktion des Endothelmarkers T-PA-Antigen, Reduktion des Entzündungsparameters CRP) die Wände der Blutgefäße zu stärken. Aufgrund dieser Mechanismen vermag Vitamin C präventiv und frühzeitig gegen arteriosklerotische Prozesse in Herz, Hirn und in den peripheren Blutgefäßen zu wirken.
Asthma:
Vitamin C besitzt eine immunmodulierende und antihistaminische Wirkung. Viele Asthmatiker haben niedrige Vitamin-C-Spiegel. Häufigkeit und Schweregrad von Asthma können reduziert werden. Reduktion der Bronchoreaktivität. Auch wirksam bei leistungsabhängigem Asthma.
Blutdruck, erhöhter:
Es gibt eine inverse Korrelation des Vitamin-C-Blutspiegels mit dem Blutdruck: je höher der Vitamin-C-Spiegel desto niedriger der Blutdruck. Eine Vitamin-C-Supplementierung kann sowohl den systolischen wie auch den diastolischen Blutdruck leicht senken. Empfohlene Dosierung bei milder Hypertonie: 1-3 g/Tag.
Diabetes mellitus:
Ein hoher Blutzuckerspiegel scheint den Transport von Vitamin C zu den Zellen zu beeinträchtigen. Vitamin C hemmt Glykosylierungsprozesse. Der HbAlc-Wert korreliert mit dem Vitamin-C-Blutspiegel. Die Einnahme von Vitamin-C-Supplementen kann bei der Behandlung von Zahnfleischentzündungen und langsam heilenden Wunden hilfreich sein; Zustände, die bei vielen Diabetikern zu finden sind.
Erhöhte Abwehrkraft gegen Infektionen:
Vitamin C schützt den Körper vor Infekten - insbesondere bei Stress-Situationen und extremen klimatischen Bedingungen. Bei den in der Vergangenheit auch häufig ergebnislos verlaufenen Studien wurde oft eine zu geringe Vitamin-C-Dosierung (sollte > 800 mg Vitamin C/Tag betragen) und eine zu kurze Anwendungsdauer (sollte wenigstens 4-6 Monate betragen) eingesetzt. Nur wenn diese Rahmenbedingungen erfüllt sind, kann mit signifikant positiven Resultaten von Vitamin C bei der Infektprophylaxe gerechnet werden. Vitamin C erhöht bei einer Dosis von > 1 g die Körpertemperatur leicht, wodurch die Funktion der weißen Blutkörperchen zur Infektabwehr angeregt wird. Eine ausreichende Vitamin-C-Versorgung kann das Risiko für Harnwegsinfekte in der Schwangerschaft zu reduzieren.
Erinnerung, Gemütslage:
Vitamin-C-Supple-mente können das Erinnerungsvermögen und die Gemütslage bei Erwachsenen verbessern.
Gicht:
Vitamin-C-Supplementierung kann die zirkulierende Harnsäurekonzentration und das Risiko für Gichtanfälle reduzieren.
Krebserkrankungen:
Vitamin C spielt eine zentrale Rolle in der Abwehr von Oxidations-prozessen, in der Verteidigung des Immunsystems gegen Krebs, beim Schutz vor karzinogenen (krebserregenden) Zusatzstoffen in Lebensmitteln (z.B. Nitrate, Pestizide oder andere Chemikalien) und Schwermetallen. Auf diesem Weg senkt v.a. das in der Nahrung enthaltene Vitamin C das Risiko von Krebserkrankungen des Verdauungstraktes (Mundschleimhäute, Kehlkopf, Speiseröhre, Magen, Mastdarm, Harnblase, Bauchspeicheldrüse) und des Uterus.
Magenuikus:
Bei Patienten mit einem Magen-ulkus finden sich sehr niedrige Vitamin-C-Konzentrationen in der Magenschleimhaut. 1-2 g Vitamin C/Tag können dazu beitragen, die Intaktheit der Magenschleimhaut zu erhalten oder wiederherzustellen. Eine interessante Studie zeigt, dass Vitamin C die Nebenwirkungen von Aspirin auf die Magenschleimhaut (Mikroblutungen, oxidative Prozesse) deutlich reduzieren kann.
Morbus Sudeck:
Die präventive Gabe von Vitamin C (1-2 g/Tag) reduziert das Risiko für einen Morbus Sudeck beträchtlich.
Osteoporose:
Ausreichend Vitamin C kann die Elastizität der Knochen verbessern und das Risiko für Knochenfrakturen vermindern.
Rauchen, Alkoholkonsum:
Raucher brauchen erhöhte Vitamin-C-Dosen, um ihren Vitamin-C-Status zu erhalten (der Bedarf ist mehr als verdoppelt). Vitamin C vermag die Leber vor Schäden und Fetteinlagerungen als Folge von Alkoholmissbrauch zu schützen.
Schwermetall-Vergiftungen:
Vitamin C spielt eine wichtige Rolle beim Schutz des Körpers vor Schwermetallen. Es reduziert ihre Resorption und beschleunigt die Entgiftung und renale Ausscheidung (über die Nieren).
Sehstörungen:
Die antioxidative Wirkung von Vitamin C kann evtl. Katarakte und die altersbedingte Makuladegeneration verhindern helfen. Hohe Vitamin-C-Dosierungen können begleitend bei erhöhtem Augeninnendruck (Glaukom) versucht werden.
Spermienqualität:
Vitamin C scheint sowohl die Spermienanzahl wie auch die Spermien-beweglichkeit positiv beeinflussen zu können.
Wundheilung:
Vitamin C fördert die Kollagenbildung und kann somit zur besseren Heilung von Wunden und Knochenfrakturen beitragen. Es kann auch bei Verbrennungen, Traumen und in der Rekonvaleszenz nach Operationen eingesetzt werden.
Zahnfleischschwund:
Vitamin C reduziert Zahnfleischentzündungen und -blutungen und fördert ihre Heilung. Reichliche Zufuhr von Vitamin C vermag die Anfälligkeit für Zahnfleischerkrankungen herabzusetzen.
Eine zusätzliche Vitamin-C-Einnahme erhöht die Aufnahme von Eisen sowohl aus Lebensmitteln als auch aus Eisenpräparaten und optimiert so die Behandlung von Eisenmangel.